Die strukturierte Unterrichtsbeobachtung gilt als Teil der Qualitätssicherung von Bildungsinstitutionen. Übergreifend steht sie im Rahmen der Didaktik und betrifft Entscheidungsprozesse im Blick auf das Lehren und Lernen.

Bei dem Verfahren der strukturierten Unterrichtsbeobachtung sucht man eine Stunde mithilfe von Checklisten in ihrer Planung und Effektivität einzuschätzen. Die Bögen werden während des laufenden Unterrichtsprozesses von den Beobachtenden ausgefüllt. Aufgrund der Komplexität des Ereignisses "Unterricht" wird bei der Unterrichtsbeobachtung häufig ein Aspekt in den Vordergrund gestellt, auf den man sich bei der Beobachtung der betreffenden Stunde konzentriert (z.B. Handlungsorientierung und Aktivierung der Lernenden).

Der beobachteten Lehrkraft wird häufig unmittelbar im Anschluss an die beobachtete Stunde eine Rückmeldung gegeben. Die Auswertung basiert dabei auf fachdidaktischen und methodischen Vorentscheidungen, für den Fremdsprachenunterricht beispielsweise auf der Entscheidung für den Ansatz der Kommunikativen Didaktik im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen.

Ein Beispiel für einen allgemeinen Beobachtungsbogen, der bei einer externen Evaluation (gegebenenfalls stundenübergreifend) eingesetzt werden kann, gibt das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München. Für den Einsatz zur institutions-internen Evaluation im Rahmen kollegialer Hospitationen wird dabei eine Beschränkung und Individualisierung der Kriterien vorgeschlagen. Für Deutsch als Fremdsprache bietet die Fernstudieneinheit "Unterrichtsbeobachtung und kollegiale Beratung" von Barbara Ziebell und Annegret Schmidjell (2012) eine sehr gute Einführung, der auch Videodokumentationen von Unterricht beigegeben sind.

Während sich die didaktische Unterrichtsbeobachtung auf ein einmaliges oder - bei Dokumentationen - gegebenenfalls zwei- oder dreimaliges Ansehen eines Unterrichts(ausschnitts) beschränkt, arbeitet die linguistische Unterrichtsforschung mit Transkripten (Verschriftlichungen) von Unterrichtsstunden. Den ersten Schritt bildet dabei die Aufzeichnung audiovisueller Daten, die in einem zweiten Schritt transkribiert werden. Dabei werden die kommunikativen Ereignisse einer sehr genauen Betrachtung unterzogen. Die linguistische Unterrichtsanalyse ist als Grundlagenforschung im Rahmen der Angewandten Linguistik zu charakterisieren. Eine Qualitätseinschätzung von Unterricht aufgrund fachdidaktischer Kriterien ist zunächst kein primäres Ziel. Oft können jedoch die Erkenntnisse auf fachdidaktische Fragen bezogen und didaktisch-methodische Empfehlungen aus dem Beobachteten abgeleitet werden.

Im Vergleich zur ad-hoc-Beobachtung bietet die linguistische Unterrichtsforschung eine rund 100- bis 200fache "Vergrößerung" des Beobachtungsgegenstands durch die "Zeitlupe". Auf diese Weise werden Unterrichtsprozesse in ihrer Komplexität zugänglich gemacht. Die Analyse bezieht sich nicht auf ad-hoc-Eindrücke, sondern erfolgt allein daten- und beleg-gesteuert, z.B. durch genaue Rekonstruktion der Rederechtverteilung, von Unterbrechungen, parallelem Sprechen etc. Dabei geht es nicht um individuelles Feedback an die einzelnen Lehrenden, sondern um die Rekonstruktion von Unterrichtsprozessen. Ein Beispiel für eine linguistische Fallanalyse geben Michael Becker-Mrotzek und Peter Weber auf den Seiten des Fallarchivs Schulpädagogik der Universität Kassel.

In der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften werden Transkripte eingesetzt, um zur Reflexion über kommunikatives Handeln im Unterricht anzuregen und zugleich institutionell bedingte Momente aufzuzeigen, die gegebenenfalls auch außerhalb der individuellen Bearbeitungsmöglichkeiten liegen können. In Bezug auf die didaktische Unterrichtsbeobachtung bietet die linguistische Unterrichtsanalyse Möglichkeiten der Verobjektivierung und ein Korrektiv für eventuell vorschnelle Interpretationen.